Quantentechnologien, insbesondere Quantencomputing, sind in den letzten Jahren zu einem Hype geworden. Dennoch ist die Anwendung in der Wirtschaft eher selten. Was meinen Sie – warum sollten Unternehmen gerade jetzt über Quantentechnologien nachdenken?
Judith Gabel: Obwohl Quantencomputing verspricht, neue Wege zur Lösung realer Herausforderungen zu eröffnen – etwa bei der Optimierung von Lieferketten und von Finanzportfolios oder beim Materialdesign –, gibt es bisher keine industrierelevanten Quantencomputer auf dem Markt. Dies sollte Unternehmen jedoch nicht davon abhalten, sich mit Quantencomputern zu beschäftigen. Es ist von großer Bedeutung zu erkennen, dass Quantencomputer ganz anders funktionieren als klassische Computer. Die Herangehensweise an Dateneingabe, Algorithmen und Problemlösung unterscheiden sich erheblich. Infolgedessen müssen Unternehmen, die Quantencomputing einsetzen wollen, ganz neue Arbeitsabläufe und Problemlösungsansätze entwickeln, was einige Zeit in Anspruch nehmen kann.
Wenn Unternehmen frühzeitig damit beginnen, können sie der Lernkurve voraus sein und sind besser darauf vorbereitet, wenn sich Quantenlösungen durchsetzen. Unternehmen, die das Quantencomputing heute vernachlässigen, laufen Gefahr, in Zukunft hinter ihre Konkurrenten zurückzufallen.
Das Feld der Quantentechnologien bietet zudem auch über das Quantencomputing hinaus vielfältige Chancen. Die Quantenkommunikation und die Quantensensorik machen rasche Fortschritte auf ihrem Weg zur Kommerzialisierung. In diesem Bereich können Unternehmen schon jetzt konkrete Use Cases erkunden.
Für das diesjährige Kursprogramm haben Sie einen Überblickskurs über Quantentechnologien für Manager:innen und Führungskräfte entwickelt. Warum sollten diese mehr über Quantentechnologien erfahren, und was macht dieses Weiterbildungsprogramm für Berufstätige einzigartig?
Judith Gabel: Quantentechnologien haben das Potenzial, verschiedene Branchen maßgeblich zu transformieren. Durch eine aktive Auseinandersetzung mit diesen Technologien können Manager:innen und Führungskräfte über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden bleiben und beurteilen, wie sich diese auf ihr Unternehmen auswirken könnten. Indem sie die Möglichkeiten und Grenzen der Quantentechnologien verstehen, können sie fundierter Entscheidungen treffen und die Chancen dieser Technologien effektiv erkennen und nutzen. Mit jeder neuen Technologie sind auch Risiken verbunden. Das Wissen über Quantentechnologien ermöglicht Manager:innen und Führungskräften, potenzielle Risiken und Herausforderungen dieser Technologien einzuschätzen.
Unser Kurs bietet einen umfassenden Überblick über die Quantentechnologien und vermittelt den Teilnehmenden ein grundlegendes Verständnis dieses zukunftsweisenden Bereichs. Darüber hinaus können Teilnehmende in unserem Kurs Quantentechnologien hautnah erleben, z.B. bei einer Laborbesichtigung und bei Experimenten mit echten Quantensystemen. Diese praktische Erfahrung trägt dazu bei, theoretische Konzepte zu vertiefen, sie greifbarer und verständlicher zu machen und abstrakte Ideen mit realen Anwendungen zu verknüpfen.
Ein weiterer Kurs taucht tiefer in die Welt der Quanten ein: Quantum Technologies Deep Dive – Ein modularer Einführungskurs für Naturwissenschaftler:innen und Ingenieur:innen. Was macht diesen modularen Kurs so besonders? Was sind die Höhepunkte dieses Kurses?
Judith Gabel: Der Kurs Quantum Technologies Deep Dive zeichnet sich durch seine einzigartige modulare Struktur aus, die es den Teilnehmenden ermöglicht, ihren Lernpfad auf ihre spezifischen Interessen und Bedürfnisse zuzuschneiden. Durch die Auswahl der passenden Module können die Teilnehmenden die Aspekte der Quantentechnologien vertiefen, die für ihre beruflichen Ziele am relevantesten sind, und ein umfassendes Verständnis eben dieser Quantentechnologien erlangen.
Ein Höhepunkt dieses Kurses ist die praktische Auseinandersetzung mit den Quantentechnologien. Der praxisorientierte Ansatz ist integraler Bestandteil des gesamten Programms, und die Teilnehmenden werden unter anderem an Quantenexperimenten arbeiten und ein Quantenphysik-Labor besuchen. Sie haben zudem auch die Gelegenheit, mit echter Quantenhardware zu arbeiten, was ihnen wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und das Potenzial von quantentechnologischen Anwendungen bietet. Ein weiterer Höhepunkt ist die Projektarbeit, die jedes Modul abschließt. Hier haben die Teilnehmenden die Chance, reale Anwendungsfälle zu untersuchen, bei denen Quantentechnologien eingesetzt werden könnten. Durch den praktischen Teil können die Teilnehmenden die Kluft zwischen Theorie und Praxis überbrücken und ihr frisch erworbenes Wissen anhand realer Use Cases vertiefen.
Sie haben mehrere Kurse mitentwickelt, um den Zugang zu Quantentechnologien für Menschen mit unterschiedlichem beruflichen Hintergrund zu erleichtern. Was hat Ihr Interesse an Quantentechnologien geweckt? Was fasziniert Sie am meisten?
Judith Gabel: Was mich an Quantentechnologien fasziniert, ist ihr Potenzial, komplexe Probleme lösen und damit in Zukunft verschiedene Industriezweige revolutionieren zu können. So machen sich die Quantentechnologien die einzigartigen Eigenschaften der Quantenmechanik zunutze, um leistungsstarke Rechensysteme, abhörsichere Kommunikationsmethoden und neuartige Sensoren zu entwickeln, welche die Möglichkeiten herkömmlicher Technologien übertreffen.
Doch meine Begeisterung für Quantentechnologien geht über ihr großes Anwendungspotenzial hinaus. Quantentechnologienbieten auch einen faszinierenden Einblick in die geheimnisvolle Welt der Quantenphysik, die voller kontraintuitiver Konzepte steckt und unseren alltäglichen Erfahrungen widerspricht. Dies fordert uns heraus, uns mit komplexen Fragestellungen auseinanderzusetzen und uns über unsere klassische Vorstellung der Realität hinauszuwagen, was ihre Erforschung gleichermaßen fesselnd und verblüffend macht.
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